Thomas Karl, wie wird sich Softwaretesten durch KI verändern?

Thomas ist Director im Bereich Technology Strategy & Transformation bei Deloitte Consulting in Deutschland. Er ist Co-Creater des House of agile Quality Frameworks (HoaQ) und Autor des gleichnamigen Buches sowie Kolumnist im IT-Spektrum. Thomas berät Vorstände und Führungskräfte im digitalen Wandel mit agilen Methoden und Quality Engineering Konzepten. Er stellt seine innovativen Ideen und bewährten Methoden auf Fach-, Forschungs- und Lehrveranstaltungen sowie auf zahlreichen Konferenzen zur Diskussion und teilt sein Wissen mit einer breiten Community. Er engagiert sich darüber hinaus als Fachbeirat der Scaling Agile Konferenz und Mitglied des Consulting Commitees beim GTB. Darüber hinaus ist er als Hochschuldozent an der HfWU tätig und promoviert berufsbegleitend an der Friedrich Alexander Universität in Nürnberg. Thomas ist ein gefragter Gast bei Podcasts und Podiumsdiskussionen auf internationalen Konferenzen.

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Wo stehen wir heute beim Testen mit KI?

KI unterstützt bereits heute die Softwareentwicklung an vielen Stellen, so auch im Testen. Von einigen agilen Teams habe ich bereits begeisterte Berichte bekommen, dass die Erstellung von Unit Tests, aber auch die von automatisierten Systemtestfällen, massiv erleichtert wird durch KI-Lösungen. Die Qualität der Ergebnisse wird dabei auch immer besser, durch Prompt Engineering erfolgt vielerorts weiteres Tuning der Ergebnisse. Bei komplexeren Fragestellungen wie der Erstellung von E2E-Tests inkl. Testdaten oder KI-generierte Testumgebungen sehe ich aktuell noch die Grenzen von KI erreicht, aber auch das ist nur eine Frage der Zeit.

Ich bin der Überzeugung, dass wir erst einen winzigen Bruchteil des enormen Potentials von KI nutzen. Seit dem Aufkommen von generativer KI wachsen die Ideen, aber auch die angebotenen, erfolgreich pilotierten Lösungen am Markt von Tag zu Tag.

Wie wird KI Softwaretesten in den kommenden fünf Jahren verändern?

Der Blick in die berühmte Glaskugel ist nie einfach. Insbesondere aber im Kontext von KI sind fünf Jahre beinahe eine Ewigkeit, wenn man die Geschwindigkeit, mit der Innovationen Marktreife erlangen, betrachtet. Diese Geschwindigkeit wird vor dem Hintergrund der massiven Investitionen durch die großen Tech-Konzerne, die Industrie und den aktuellen Hype um das Thema weiter an Fahrt aufnehmen. Ich denke daher, der gesamte Softwareentwicklungsprozess wird in fünf Jahren fundamental anders aussehen, KI wird eine bedeutende Rolle dabei einnehmen. Nicht nur im Testen sondern über den kompletten Software-Lifecycle hinweg, von der Erhebung und Dokumentation der Anforderungen über die Generierung von Code bis zum Deployment. Im Bereich des Testdaten- und Testumgebungsmanagements sehe ich ebenfalls ein großes Potential für KI-Lösungen.

Welche Skills benötigen Testerinnen und Tester dafür?

Die Nachfrage nach generativen KI-Tools in Unternehmen wächst und führt zu einer Welt, in der traditionelle Arbeitsprozesse aufgebrochen und neue Ways-of-Working geformt werden. In diesem transformativen Umfeld, das immer stärker von künstlicher Intelligenz geprägt wird, ist ein neuer Kompass an Skills entscheidend. Der Trend zum Generalisten (Pi Shaped Skill Profile), wie es bereits im agilen erfolgreich gelebt wird, wird aus meiner Sicht noch stärker werden. Bisherige Wissenshürden, bspw. hinsichtlich der Kenntnisse und der Erfahrung mit Programmiersprachen oder Testautomatisierungstools, werden durch KI massiv reduziert werden.

Allerdings wird das Wissen über die Grundlagen des Testens und die verschiedenen Methoden weiter wichtig sein. Einerseits um die Ergebnisse der KI einordnen zu können, anderseits um die Ergebnisse durch Prompt Engineering weiter verbessern zu können. Darüber hinaus wird das Wissen um den richtigen Einsatz und die Auswahl der besten KI-Lösungen in Zukunft sicherlich von großer Bedeutung sein.

Des Weiteren sehe ich auch den Bereich des Testens von KI-Tools als sehr wichtig an. Bisher betrachten wir begeistert die Ergebnisse, welche uns KI liefert. In Zukunft wird es aber immer wichtiger werden auch zu testen, wie die Ergebnisse zu Stande kommen.

Wird es die Rolle des Testens in 10 Jahren noch geben?

Ja und nein. So wie die Rolle des Testers heute anders aussieht als vor zehn Jahren, wird sie auch in zehn Jahren wieder völlig anders aussehen. Ich sehe hier den Trend zu wahrscheinlich weniger, dafür aber anspruchsvolleren Rollen im Bereich der Softwarequalitätssicherung. Die Notwendigkeit für Rollen in der Qualitätssicherung sehe ich weiterhin, auch wenn sich der Inhalt, der Umfang und der Zeitpunkt, an dem die Aufgaben durchgeführt werden, wahrscheinlich sehr stark verändern wird.


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